Warum brauchen wir Whistleblowerschutz? Begründung des Gesetzentwurfs

Begründung
A. Allgemeines

Missstände in Unternehmen und Behörden werden oft erst durch Hinweise mutiger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekannt (sog. Whistleblower). Das Ziel verantwortungsvoller Whistleblower ist es, Transparenz und Publizität über bestehende interne riskante, gefährliche oder korrupte Entwicklungen herzustellen, um diese damit beheben zu lassen. Der Begriff des Whistleblowing kommt aus dem englischen Sprachraum und bezeichnet Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die auf interne Probleme aufmerksam machen.
Dieses hat jedoch für die jeweilige Arbeitnehmerin bzw. den jeweiligen Arbeitnehmer oder die betroffene Beamtin bzw. den betroffenen Beamten oft gravierende Auswirkungen. Wer sich zu einem solchen Schritt entschließt, muss nicht nur mit Mobbing rechnen, sondern verstößt mit ihrem bzw. seinem Handeln oft auch gegen arbeitsrechtliche oder dienstrechtliche Bestimmungen. Warum brauchen wir Whistleblowerschutz? Begründung des Gesetzentwurfs weiterlesen

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Einzelbegründungen der Änderungen

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1 – Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches

Zu Nummer 1
Es handelt sich um redaktionelle Folgeänderungen.

Zu Nummer 2

Zu a)
Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung aufgrund der Anfügung eines neuen Absatzes. Inhaltlich erscheint eine Ergänzung des Wortlauts („Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.“) um die zum Teil vorgeschlagenen Begriffe „Handlung oder Unterlassung“ nicht erforderlich, um ein umfassendes Maßregelungsverbot sicherzustellen. Unter dem Begriff der Maßnahme ist bereits jedes rechtliche oder tatsächliche Verhalten des Arbeitgebers zu verstehen. Auch ein Unterlassen kann eine Maßnahme darstellen.

Zu b)
Um die negativen Folgen für die Arbeitnehmerin bzw. den Arbeitnehmer, die ein berechtigtes Whistleblowing oft nach sich zieht, einzuschränken, ist eine Erweiterung der jetzigen Regelung des Maßregelungsverbots um eine Beweislastregelung notwendig. Die in den neuen § 612b Abs. 2 aufgenommene Regelung zur Beweislast entspricht der Rechtsprechung des BVerfG und stellt sicher, dass eine Arbeitnehmerin bzw. ein Arbeitnehmer keinen rechtlichen Nachteilen durch die Ausübung ihr bzw. ihm gesetzlich auferlegter Pflichten ausgesetzt ist (BVerfG, 1 BvR 2049/00, Beschluss vom 02.07.2001, Rn. 11). Die Regelung dient der Transparenz sowie der Klarstellung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Zu Nummer 3

Zu Absatz 1
Die gewählte Formulierung in Absatz 1 bringt zum Ausdruck, dass sich der Arbeitnehmer wegen verschiedenster Kritikpunkte an den Arbeitgeber wenden kann. Auch bei der Verletzung rechtlicher Pflichten soll der Arbeitnehmer sich grundsätzlich zunächst an den Arbeitgeber wenden und so versuchen, innerbetrieblich Abhilfe zu schaffen, bevor er eine externe Stelle kontaktiert. Unabhängig von der in Absatz 1 getroffenen Regelung hat eine Arbeitnehmerin bzw. einen Arbeitnehmer grundsätzlich rein faktisch die Möglichkeit, sich bei internen Missständen an eine interne zuständige Stelle zu wenden und betriebliche Abhilfe zu verlangen. Die vorliegende Regelung hat nicht allein deklaratorischen Charakter, da durch die Bestimmung – verdeutlicht durch die Überschrift („Anzeigerecht“) eine rechtliche Zulässigkeit des Handelns normiert wird und die Kontaktierung einer externen Stelle somit als Grundlage für eine verhaltensbedingte Kündigung, Abmahnung oder andere nachteilige Maßnahmen ausscheidet.

Bei der Beurteilung der Voraussetzungen des Absatz 1 ist der subjektive Beurteilungshorizont aus Sicht der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers heranzuziehen. Die Wahl eines rein objektiven Beurteilungshorizonts hätte keine ausreichende Rechtssicherheit für Whistleblower. Die Gefahr der Legalisierung ungerechtfertigter oder gar böswilliger Denunzierungen von Arbeitgeberinnen bzw. Arbeitgebern durch Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer besteht nicht, da auch ein subjektiver Bewertungsmaßstab zum einen eine echte Überzeugung und zum anderen nach dem Gesetzentwurf voraussetzt, dass es konkrete Anhaltspunkte für die Auffassung der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers geben muss. Kündigungen bei substanzlosem Querulantentum oder reinen Racheakten bleiben möglich, da leichtfertige oder gar wissentliche unwahre Anzeigen nicht von der Schutzvorschrift erfasst sind. Der Gesetzentwurf erstrebt daher nur, dass sich der Schutz auch auf falsche Rückschlüsse aus konkreten Anhaltspunkten für Missstände erstreckt.

In Absatz 1 Satz 1 wird die Formulierung „rechtliche Pflichten“ verwendet. Es wird bewusst von der Formulierung „gesetzliche Pflichten“ Abstand genommen, da der Anwendungsbereich ansonsten zu eingegrenzt wäre. Durch die Verwendung des Begriffs „rechtliche Pflichten“ sind auch untergesetzliche Vorschriften, wie Verordnungen und Dienstvorschriften miterfasst.

Zu Absatz 2
Absatz 2 regelt, unter welchen Voraussetzungen die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer sich an eine zuständige außerbetriebliche Stelle wenden kann. Grundsätzlich ist zuvor ein internes Abhilfeverlangen nach Abs. 1 erforderlich, woran deutlich wird, dass die beiden Absätze in einem Stufenverhältnis stehen. Die
Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer kann sich aber auch direkt an eine zuständige außerbetriebliche Stelle wenden, wenn „ein vorheriges Verlangen nach Abhilfe“ bei der Arbeitgeberin bzw. bei dem Arbeitgeber nicht zumutbar ist. Der unbestimmte Rechtsbegriff der „Unzumutbarkeit“ wird durch Satz 2 konkretisiert.

Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 legt fest, für welche Rechtsgüter eine gegenwärtige Gefahr bestehen muss, damit sich eine Arbeitnehmerin bzw. ein Arbeitnehmer direkt an eine außerbetriebliche Stelle wenden darf. Es sind nur Rechtsgüter von erheblicher Bedeutung erfasst, deren Verletzung nicht ohne weiteres wieder zurückgängig gemacht werden kann. Es ist bewusst von der Aufführung des Tatbestandsmerkmales „Eigentum“ Abstand
genommen worden, da die Regelung ansonsten zu weitreichend wäre. Eine Gefährdung der Stabilität des Finanzsystems liegt bereits dann vor, wenn das deutsche Finanzsystem gefährdet ist. Der Gesetzesentwurf greift die Begrifflichkeit aus dem Kreditwesengesetz auf (§§ 8 Abs. 7, 48a Abs. 2 KWG). Der Begriff der Gegenwärtigkeit ist in Anlehnung an den Gefahrbegriff beim rechtfertigenden Notstand (§ 34 StGB, § 904 BGB) gewählt worden. Die Regelung des Absatz 2 Satz 2 Nr. 2 beschränkt sich auf vorsätzliche Straftaten durch den Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin, die im Zusammenhang mit dem Betrieb stehen.

Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 erfasst vorsätzliche und fahrlässige Straftaten von anderen Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmerinnen, die im betrieblichen Zusammenhang begangen und von die vom Arbeitgeber gebilligt werden.

Die Bestimmung in Absatz 2 Satz 2 Nr. 4 dient der Einheitlichkeit der Rechtsordnung. Es wird daher Bezug auf den Regelungsinhalt in § 138 des Strafgesetzbuches genommen, welcher die Nichtanzeige bestimmter Straftaten unter Strafe stellt.

Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 umfasst die Fallkonstellationen, in denen die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber keine Abhilfe schafft bzw. diese nicht ausreichend erfolgt. In diesen Fällen soll eine Arbeitnehmerin bzw. ein Arbeitnehmer nicht dem Konflikt ausgesetzt werden, sich vergebens um interne Klärungsmöglichkeit zu bemühen, wenn eindeutig ist, dass die Abhilfe unzureichend bzw. überhaupt nicht durchgeführt werden würde. Da hier immer eine gewisse Prognoseunsicherheit bestehen wird, stellt der Gesetzentwurf auch hier auf den subjektiven Beurteilungshorizont der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers ab, eingeschränkt durch das Erfordernis konkreter Anhaltspunkte. Dies gilt auch für die vorangegangenen Ziffern.

Unter einer „zuständigen außerbetriebliche Stelle“ im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 ist zunächst – bei Verdacht strafrechtlicher Relevanz der Missstände – die Polizei sowie die Staatsanwaltschaft zu verstehen. Jedoch sind auch solche Stellen miterfasst, die für bestimmte Berufsbereiche unter anderem Überwachungs- und Kontrollfunktionen ausüben. Insbesondere ist hierbei auf den Datenschutzbeauftragten, den Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen, Ombudsmänner/-frauen sowie Berufskammern zu verweisen. Die Presse ist keine „zuständige außerbetriebliche Stelle“ im Sinne des Absatzes 1 Satz 2. Hierzu greift die Regelung des Absatzes 3.

Zu Absatz 3
Absatz 3 regelt, unter welchen Voraussetzungen es der Arbeitnehmerin bzw. dem Arbeitnehmer möglich ist, sich an die Öffentlichkeit zu wenden, ohne dass dies eine Kündigung oder andere nachteilige Maßnahme rechtfertigen würde. Abs. 1 und Abs. 2 erfassen diese Fallkonstellation nicht. Es sind Fälle denkbar – wie zum Beispiel ein gravierender Störfall in einem Atomkraftwerk oder ein Lebensmittelskandal – in denen ein besonderes öffentliches Informationsinteresse der Bevölkerung besteht. In solchen Fällen muss es der Arbeitnehmerin bzw. dem Arbeitnehmer möglich sein, sich direkt an die Öffentlichkeit zu wenden. Das darf jedoch nur in eng begrenzten Fällen geschehen, da durch derartige Meldungen betriebliche Interessen des Arbeitgebers besonders stark gefährdet werden können. Die Erheblichkeit der Gefahr in Absatz 3 Satz 2 bezieht sich sowohl auf die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts als auch auf den Umfang des drohenden Schadens.

Mit dem Begriff „Öffentlichkeit“ sind nicht nur die Presse und andere Medien erfasst, sondern auch Veröffentlichungen im Internet.

Zu Absatz 4
Absatz 4 räumt der Arbeitnehmerin bzw. dem Arbeitnehmer das Recht ein, eine verkörperte Wiedergabe von betrieblichen Informationen herzustellen und weiterzuleiten, soweit dies erforderlich ist. Hierunter soll etwa das Anfertigen einer Kopie oder das Fotografieren von Dokumenten fallen. Das Herstellen einer verkörperten Wiedergabe von betrieblichen Informationen kann insbesondere eine Verletzung von internen Datenschutzbestimmungen oder Weisungen darstellen. Daher ist eine Regelung erforderlich, die gewährleistet, dass der Arbeitnehmer im Fall des berechtigten Whistleblowings nicht aufgrund dessen benachteiligt werden darf.

Zu Absatz 5
Das Abweichungsverbot in Absatz 4 stellt sicher, dass die Neuregelung nicht umgangen werden kann. Eine abweichende Vereinbarung in Arbeitsverträgen ist nichtig.

Zu Absatz 6
Absatz 6 bestimmt, dass Anzeige- und Äußerungsrechte der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers nach anderen Rechtsvorschriften sowie die Rechte der Arbeitnehmervertretung von der Neuregelung unberührt bleiben. Die Vorschrift trägt denjenigen Fallkonstellationen Rechnung, bei denen unabhängig von den Voraussetzungen dieser Bestimmung Hinweisrechte geschaffen wurden. Sie trägt damit teilweise auch den verfassungsrechtlichen Vorgaben von Artikel 17 GG Rechnung. Das Petitionsrecht sichert allen Bürgern das Recht zu, sich mit Bitten und Beschwerden schriftlich an zuständige Stellen und an die Volksvertretung zu wenden. Selbst bei Beamten kann dies zum Wegfall der Vorgabe der Einhaltung des Dienstweges führen, wenn etwa eine Petition unmittelbar das Dienstverhältnis selbst betrifft. Ein wichtiges Beispiel für ein besonderes Anzeigerecht bietet das Anrufungsrecht der Datenschutzbehörden, wie es etwa in § 38 Abs. 1 S. 8 in Verbindung mit § 21 Bundesdatenschutzgesetz festgelegt ist und auch in Artikel 28 Abs. 4 der maßgeblichen EG-Datenschutzrichtlinie 95/46 vorgegeben.

Zu Artikel 2 – Änderung des Bundesbeamtengesetzes

Zu Nummer 1

Es handelt sich um redaktionelle Folgeänderungen.

Zu Nummer 2

Da § 67a BBG die in der bisherigen Nr. 3 des § 67 Absatz 2 Satz 1 BBG enthaltene Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht erfasst, ist die bisherige Regelung obsolet und es bedarf lediglich eines klarstellenden Verweises auf § 67a BBG. Entsprechendes gilt für den bisherigen § 67 Absatz 2 Satz 2 BBG.

Zu Nummer 3

Die Neuregelung ist erforderlich, um den Schutz von Hinweisgebern und Hinweisgeberinnen im öffentlichen Dienst zu stärken. Eine Reduzierung auf die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht bei Korruptionsstraftaten, Anzeige von Katalogstraftaten des § 138 StGB sowie bei Bedrohungen für die freiheitliche demokratische Grundordnung, wie sie in § 67 Abs. 2 BBG vorgesehen ist, greift zu kurz. Zu einem demokratischen, transparenten Staat, der Achtung und Schutz von Grundrechten ernst nimmt, gehören mündige Beamte. Die Bevölkerung sollte ohne Unbehagen darauf vertrauen können, dass die einzelnen Staatsdiener im Falle schwerwiegenden behördlichen Fehlverhaltens bzw. behördlicher Missstände selbstbewusst von einer Meldebefugnis Gebrauch machen können. Dieses Selbstbewusstsein gibt man den Bediensteten jedoch nicht allein mit einer punktuellen Einschränkung der Verschwiegenheitspflicht. Bei Whistleblowing geht es nicht allein um die Aufdeckung von Korruption. In vielen Fällen wird es um anderes Fehlverhalten mit nicht selten schwerwiegenden Folgen gehen. Bei Beamtinnen und Beamten ist in diesem Zusammenhang das besondere Treueverhältnis zu berücksichtigen. Gleichwohl ist nicht ersichtlich, weshalb eine Behörde, die z.B. eine massive Umweltverschmutzung oder die Verbreitung giftiger Substanzen zu verantworten oder mitzuverantworten hat, mehr geschützt werden muss als ein multinationaler Großkonzern, der selbiges tut. Gemäß § 60 Abs. 1 BBG sind Staatsdiener vor allem dazu verpflichtet, zumWohle der Allgemeinheit zu handeln. Das Wohl der Allgemeinheit muss im Zweifel bei besonderen Konstellationen gegenüber dem Treueverhältnis zwischen Dienstherrn und Beamtin oder Beamtem überwiegen.

Da das Beamtenrecht von anderen Grundsätzen als das Arbeitsrecht geprägt ist, ist eine mit § 612a BGB identische Regelung weder passend noch geboten.

Die Vorschrift des § 67a BBG stellt den Beamtinnen und Beamten des Bundes ein Anzeigerecht an die Seite, welches nicht nur die Verschwiegenheitspflicht des § 67 BBG für einen weiteren Anwendungsbereich durchbrechen soll, sondern den Zweck verfolgt, den Schutz von Hinweisgebern auch mit weiteren Beamtenpflichten wie der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 61 Abs.1 Satz 3 BBG), der Beratungs- und Unterstützungspflicht gegenüber Vorgesetzten (§ 62 Satz 1 BBG) und der Pflicht, den Dienstweg einzuhalten (§ 125 Abs. 1 Satz 2 BBG), abzustimmen. Dabei soll die gemäß § 67 Absatz 2 BBG bereits bestehende Befreiung vom Verschwiegenheitsgrundsatz fortentwickelt werden.

Zu Absatz 1
Absatz 1 regelt, unter welchen Voraussetzungen Beamtinnen und Beamte über § 67 Abs. 2 BBG hinaus berechtigt sind, sich ohne Einhaltung des Dienstweges an eine zuständige außerbehördliche Stelle zu wenden.

Absatz 1 Nr.1 erfasst zunächst den Fall, dass eine Angehörige oder ein Angehöriger der Behörde im Zusammenhang mit der behördlichen Tätigkeit eine vorsätzliche Straftat begangen hat. Bei fahrlässigen Straftaten gebietet es das besondere Treueverhältnis der Beamtinnen und Beamten zunächst behördenintern Abhilfe zu verlangen.
Nach Absatz 1 Nr. 2 besteht ferner ein Anzeigerecht, wenn eine Angehörige oder ein Angehöriger der Behörde im Zusammenhang mit der behördlichen Tätigkeit Straftaten Dritter wissentlich in Kauf genommen hat. Hierbei kann es sich auch um fahrlässige Straftaten handeln, da es insofern auf das Vorsatzelement bei der Angehörigen oder dem Angehörigen der Behörde ankommt.
Die Bestimmung des Absatzes 1 Nr. 3 gewährt ein Anzeigerecht für den Fall, dass eine gegenwärtige Gefahr für bestimmte Rechtsgüter besteht. Es sind nur Rechtsgüter von erheblicher Bedeutung umfasst, deren Verletzung nicht ohne weiteres wieder rückgängig gemacht werden kann. Eine Gefährdung der Stabilität des Finanzsystems liegt bereits dann vor, wenn das deutsche Finanzsystem gefährdet ist. Der Gesetzesentwurf greift die Begrifflichkeit aus dem Kreditwesengesetz auf (§§ 8 Abs. 7, 48a Abs. 2 KWG). Der Begriff der Gegenwärtigkeit ist in Anlehnung an den Gefahrbegriff beim rechtfertigenden Notstand (§ 34 StGB, § 904 BGB) gewählt worden.

Unter einer „zuständigen außerbetrieblichen Stelle“ sind zunächst die Polizei sowie die Staatsanwaltschaft zu verstehen. Jedoch sind auch solche Stellen miterfasst, die bestimmte staatliche Überwachungs- und Kontrollfunktionen ausüben. Insbesondere ist hierbei auf den Datenschutzbeauftragten oder Ombudsmänner/-frauen zu verweisen. Die Presse ist keine „zuständige außerbetriebliche Stelle“ im Sinne des Absatzes 1. Hierzu greift die Regelung des Absatzes 2.

Zu Absatz 2
Absatz 2 regelt, unter welchen Voraussetzungen es den Beamtinnen und Beamten möglich ist, sich an die Öffentlichkeit zu wenden, ohne ein Disziplinarverfahren oder andere nachteilige Entscheidungen von Vorgesetzten fürchten zu müssen. In Fällen, in denen ein besonderes öffentliches Informationsinteresse der Bevölkerung besteht, muss es den Beamtinnen und Beamten möglich sein, sich direkt an die Öffentlichkeit zu wenden. Das darf jedoch nur in eng begrenzten Fällen geschehen, da durch derartige Meldungen staatliche Interessen besonders stark gefährdet werden können. Die Erheblichkeit der Gefahr bezieht sich sowohl auf die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts als auch auf den Umfang des drohenden Schadens. Mit dem Begriff „Öffentlichkeit“ sind nicht nur die Presse und andere Medien erfasst, sondern auch Veröffentlichungen im Internet.

Der Begriff der Unterlassung in Absatz 2 dient dazu, auch die Fälle zu erfassen, in denen die jeweilige Behörde nicht aktiv hoheitlich oder fiskalisch gehandelt, aber Fehlverhalten Dritter wissentlich geduldet hat.

Zu Absatz 3
Der dritte Absatz stellt klar, dass ein/e nach Absatz 1 oder 2 handelnder Beamter oder Beamtin nicht nur nicht gegen die Verschwiegenheitspflicht, sondern auch nicht gegen seine bzw. ihre anderen Dienstpflichten verstößt. Dementsprechend ist die Einleitung eines Disziplinarverfahrens allein aufgrund der Informationsweitergabe im Hinblick auf schwerwiegendes behördliches Fehlverhalten gemäß Absatz 1 Nr. 1 nicht zulässig. Der Beamte bzw. die Beamtin soll zudem gegen sämtliche mögliche Benachteiligungen rechtlicher, dienstlicher oder tatsächlicher Art geschützt werden.

Zu Nummer 4

Diese Regelung soll ausdrücklich klarstellen, dass eine Suspendierung vom Dienst allein aufgrund der Informationsweitergabe im Hinblick auf schwerwiegendes behördliches Fehlverhalten gemäß dem neuen § 67a BBG nicht zulässig ist. Es handelt sich dementsprechend um eine spezielle Ausgestaltung der Schutzvorschrift des neuen § 67a Abs. 3 BBG.

Zu Artikel 3 – Änderung des Beamtenstatusgesetzes

Die Regelung dient der Harmonisierung des Hinweisgeberschutzes mit Blick auf Landes- und Kommunalbeamte/
innen. Die Ausführungen zu Artikel 2 gelten entsprechend.

Zu Artikel 4 – Inkrafttreten

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

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